Der 1. Aktionstag für den Schutz des Dresdner Umlandes endete im Barockgarten Großsedlitz mit einem Protest gegen den geplanten „Industriepark Oberelbe“ (IPO) in unmittelbarer Nähe.
Die Bürgervereinigung Oberelbe IPO Stoppen verband sich mit der Bürgerinitiative „Kein Kiesabbau in Söbrigen“ und dem deutschlandweiten Netzwerk vom Dannröder Forst, um den Schutz der Kulturlandschaft in der Pirnaer Elbtalweitung und auf den Großsedlitzer Hochebenen hervorzuheben.
Der Chef von Schlösserland Sachsen fand bei Schneeregen und Kälte vor dem Friedrichschlösschen klare Worte und unterstützte erstmals in der Öffentlichkeit unser Anliegen, den Industriepark Oberelbe zu stoppen.
Dr. Christian Striefler, Geschäftsführer von Schlösserland Sachsen, zum geplanten Industriepark Oberelbe: „Erst dachte ich, dass ist ein Hirngespinst … aber ich lag völlig falsch.“
Etwas mehr als 60 Menschen hatten sich an der Kundgebung vor dem Friedrichschlösschen beteiligt. Etwa die Hälfte der Teilnehmer hatte mehreren Schnee- und Regenschauern sowie der Kälte getrotzt und war mit dem Fahrrad vom Blauen Wunder in Dresden über Söbrigen nach Großsedlitz geradelt. Sie sehen das Idyll in Gefahr. Die Protestler wurden am Eingang der 300 Jahre alten Parkanlage, die als authentischstes Zeugnis französischer Gartenbaukunst gilt, von der Bürgervereinigung Oberelbe IPO Stoppen mit Mitgliedern aus Pirna, Heidenau und Dohna begrüßt.
Dr. Christian Striefler, Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen (SBG) stärkte den Anwesenden den Rücken. Er sprach sich ganz klar gegen die Bebauung der Flächen entlang des Autobahnzubringers (B 172 a) zwischen Pirna, Heidenau und Dohna (geplant waren ursprünglich die Versiegelung von 140 Hektar Ackerfläche – ca. 300 Fußballfelder – in der ersten Ausbaustufe) und erklärte ihnen, warum er sich mit seiner Schlösserverwaltung vehement gegen die Pläne wehrt, dass an dieser bedeutenden Gartenschöpfung, die mitten in einem von der EU als schutzwürdig ausgewiesenen Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) liegt, ein riesiges interkommunales Gewerbe- und Industriegebiet entsteht.
Der SBG-Chef fand es „großartig“, dass die Versammelten bei dem „halbwegs nicht so erfreulichen Wetter den Weg“ in den Barockgarten auf sich genommen hatten. „Das zeigt, wie sehr ihnen Großsedlitz, der Barockgarten, am Herzen liegt.“ Striefler verwies darauf, was „für ein bedeutendes großartiges Kunstwerk hier existiert, welches viel, viel mehr ist, als ein bisschen Rasen und ein paar Hecken, wunderbare Bäume oder Wasserspiele.“ Dass man mit dem Barockgarten einen kulturhistorischen „Schatz“ hat, würde vielen erst bewusst, „wenn er droht, verloren zu gehen.“
Als er das erste Mal von einem Industriepark in unmittelbarer Nähe zu der 300 Jahre alten, historischen Parkanlage gehört habe, sei sein spontaner Gedanke gewesen: „Das ist Quatsch. Das ist so absurd. Das ist ein Hirngespinst! Aber mehr ist es nicht.“ Jedoch erkannte er recht bald, dass er „völlig falsch“ gelegen hatte. Da seien jedoch die Pläne schon ziemlich weit gediehen gewesen. Er sei sehr enttäuscht. Die Argumente der Schlösserverwaltung seien zwar gehört worden, „aber nicht beachtet“. Man habe ihm versprochen, ihn zu informieren und auf dem Laufenden zu halten. Das sei lange im zurückliegenden Zeitraum nicht geschehen.
„Wenn man sich nur ein ganz kleines bisschen mit Gartenkunst beschäftigt, stellt man fest dieser Park lebt nicht nur dadurch und davon, dass unsere Gärtner ganz wunderbar die Anlage pflegen, dass wir eine Bepflanzung haben, die die Besucher erfreut. Sondern, der Park ist von Anfang an so angelegt worden, dass man von hier unendlich in die Ferne schaut.“ Die Sichtachsen seien ja nicht zufällig entstanden, sondern die Erbauer hätten sich dabei etwas gedacht. Wenn am Ende der Sichtachse nicht mehr in die Ferne, in die schier unendliche Natur, sondern auf die Rückwand eines Industriegebäudes geschaut werden würde, dann gehe etwas verloren. „Dann stirbt etwas. Dann sterben die Blickbeziehungen.“
Die Lärm-Emission, die so ein Industriepark unweigerlich mit sich bringe, sei unglaublich. „Wie wunderbar ruhig ist es hier an diesem Fleckchen jetzt?! Und das ist es auch das ganze Jahr über. Der Barockgarten ist ein Ort der Ruhe, wo man Behaglichkeit und Entspannung suchen kann“, so Striefler. „Und nun stellen Sie sich vor, hier wäre beständiger Lärm?“
Als die Bundesautobahn A17 bis 2006 gebaut wurde, habe man an einem Tisch gesessen. Die Trasse sei durch Lärmdämme so abgeschottet, dass man sie im Barockgarten wenig, fast gar nicht höre. Aber es sei auch dafür gesorgt worden, dass vom Park aus keine fahrenden Autos oder gar die Strecke zu sehen sei. „Sie wurde so tief gelegt, dass man sie nicht sieht…“
Wie Dr. Thomas Westphalen, Vorsitzender Landesverein Sächsischer Heimatschutz, erklärte, seien auf diesem kleinen Flecken sicherlich mehr Pflanzenarten anzutreffen, als auf der zukünftigen Fläche des IPO. Schon allein wegen seiner Biodiversität würde er sich vehement gegen den IPO aussprechen. So habe der Verein, wie viele andere auch im Sommer 2020 eine Stellungnahme mit Einwänden beim Zweckverband abgegeben, jedoch genauso wie die Schlösserverwaltung ebenfalls keine Antwort erhalten. „Nichtsdestotrotz bleiben wir bei unserer strikten Ablehnung dieses Monstervorhabens.“
Ein gewaltiger Gewerbe- und Industriepark in direkter Nachbarschaft zum Barockgarten Großsedlitz würde vielfältige und weitreichende negative Auswirkungen auf die Natur und das Lebensumfeld haben, hieß es in dem Aufruf zu dem Protesttag. Der hatte in Dresden Loschwitz begonnen und war von mehreren Initiativen, so dem Naturschutzbund NABU Sachsen, dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Fridays for Future Dresden, Parents for Future Dresden sowie mehrere Bürgerinitiativen (BI) unter der Devise „Kultur-Landschaft erhalten – Dresdner Umland schützen“ gemeinsam organisiert worden.
Dabei sprachen sich die Akteure, die sich mit dem deutschlandweiten Netzwerk um die hessische Initiative „Dannenröder Forst lebt!“ zusammengetan haben, für den Erhalt der sächsischen Kulturlandschaft und dem Schutz von Naherholungsgebieten im Dresdner Umland aus – so für Naturschutz und eine gesunde, nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.
Einen ersten Stopp hatte es in Söbrigen gegeben. Unter dem Motto „Kultur und Natur – statt Kies und Beton“ wendet sich dort eine BI gegen den Kiesabbau an den Elbauen. Auch dieses Vorhaben macht Striefler fassungslos. „Wenn man die wunderbare Landschaft, die Elblandschaft in die Weinberge übergehen sieht, und jetzt soll dort eine Mondlandschaft entstehen? Man mag das kaum glauben.“ Seine große Sorge ist der nicht weit entfernte Pillnitzer Schlosspark. Es sei vorhersehbar, dass „durch den Kiesabbau das Grundwasser sinkt, das Grundwasser auch für die Bäume im Park sinkt.“ Er befürchtet, dass „die größte Herausforderung, die wir dort ohnehin haben, nämlich durch den Klimawandel und den fehlenden Niederschlag, dass die Trockenheit verstärkt wird und es irgendwann ein Park wird, ohne Bäume…“
Wir möchten alle Naturschützer aufmuntern ihre Stimme zu erheben und uns beim Schutz unserer Kulturlandschaft zu unterstützen!
Wenn Sie ebenfalls vor Ort einer Bürgerbewegung zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen angehören, treten Sie mit uns bitte in Kontakt.
Nur gemeinsam werden wir es schaffen, eine über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zu bewahren.
Wir danken allen Unterstützern!
Ihre Bürgervereinigung Oberelbe IPO Stoppen